Elliott Sharp & Terraplane


Biographie Elliott Sharp & Terraplane

Elliott Sharp & Terraplane Er war Mitglied der umtriebigen New Yorker Downtown-Szene, jener Gruppe junger Avantgarde-Künstler aus Manhattan, die zu Beginn der Achtziger Jahre (aber auch während dieses Jahrzehnts) an der Verschmelzung der Kunstformen arbeitete. Kommerzieller Erfolg war Leuten wie Patti Smith, Jim Jarmusch, Glenn Branca und Robert Longo, aber auch Gruppen wie Sonic Youth und den Jazz Passengers erst einmal piepegal.

Schon damals hatte der Multi-Instrumentalist Sharp (geboren 1951 in Cleveland, Ohio) mit dem vielköpfigen Carbon-Ensemble „Rockmusik der Zukunft“ (Diedrich Diederichsen) gemacht. Immer wieder hat sich der „New Yorker mit wenig Haaren und viel Schädel“ (Diedrich Diederichsen) auf den Blues konzentriert, seine Energien aufgeladen an der nord-amerikanischen (Musik-)Form.

Die ewige Leidenschaft des Klangzauberers Sharp für den Blues spiegelt auch sein neues Album Sky Road Songs wieder. Dreizehn Blues-Stücke hat er dafür komponiert und eingespielt. Eric Mingus, der Sohn von Jazz-Ikone Charles Mingus, sowie die wunderbare Vokalistin Tracie Morris konnten als Sänger für das Terraplane-Projekt gewonnen werden. David Hofstra am E-Bass und Don McKenzie am Schlagzeug bilden die unerschütterliche Rhythmusgruppe. Dazu kommen diverse Solisten, die spannende Klangfarben anfügen - Posaunist Curtis Fowlkes von den legendären Jazz Passengers etwa, ein alter Verbündeter aus der Downtown-Szene sowie Alex Harding am Bariton Saxophon, aber auch Blues-Gitarrist Hubert Sumlin fand sich im Studio ein.

Der Gitarrist, der einst den großen Howlin‘ Wolf begleitet hat, galt wegen seines flüssigen, elegant-beiläufigen Spiels als Vorbild für Jimi Hendrix und Keith Richards von den Rolling Stones. Sumlin starb im Dezember 2011. Bei der Aufnahme von Sharps mächtigem Blues This House Is For Sale, gesungen von Eric Mingus in memoriam Howlin‘ Wolf, war Sumlin mit von der Partie: Für Elliott Sharp, ein erklärter Fan des Meister-Musikers, mehr als bloß ein kongenialer Partner. Er empfand Sumlins Spiel als auch als Ritterschlag für seine Arbeit als Avantgarde-Musiker.

Als Solo-Gitarrist lotet Sharp in improvisierten Exkursionen die kaum untersuchten Grenzbereiche der Elektro-Akustik aus: Er nutzt die Möglichkeiten von Effektgeräten oder Echo-Maschinen und baut abstrakte Klänge der Moderne Musik in ausufernde Klang-Expeditionen ein. Klar, dass der Blues-Künstler Sharp keine Sound-Archäologie betreibt, sondern den Blues durch die Verwendung neuester Verstärker und anderer Möglichkeiten der Klang-Gestaltung nach vorne zu bringen. Das zeigt sich auch in den Sky Road Songs. Hier werden die Ansätze großer Meister wie Jimi Hendrix oder eben Howlin‘ Wolf nicht etwa reproduziert, sondern eben konsequent weitergedacht. Wer Pilsstüberl-Heimeligkeit erwartet, wie sie viele Blues-Künstler erzeugen, ist deshalb bei Elliott Sharp an der falschen Adresse.

Die Sky Road Songs sind, schreibt Elliott Sharp in den liner notes des außergewöhnlichen Albums, das eine behutsame Modernisierung des Blues betreibt, eine natürliche Weiterentwicklung. Als Musiker sei er immer unterwegs, befände sich ständig auf Tour. Irgendwann komme der Punkt, da wollten alle nur noch nach Hause. Das zeige sich beim Soundcheck oder spätestens nach dem Auftritt. Es handele sich aber keineswegs um eine Flucht (vor der Wirklichkeit), schreibt der weitgereiste Profi weiter, schließlich wolle man nichts anderes als unterwegs sein. Die Sky Road Songs spiegeln diese tiefe, existenzielle Zerrissenheit wieder. Fueled on all possibilities, , schreibt Elliott Sharp weiter, we welcome these sounds into our ears and fingers and try to flow them out.

Die Produktion hat kein Geringerer als Joe Mardin in seinem NuNoise-Studio übernommen. Der Sohn von Produzentenlegende Arif Mardin (Phil Collins, Aretha Franklin, Norah Jones etc.) hat nicht nur am renommierten Berklee College of Music studiert, er versteht sich auch auf die hohe Kunst der Mikrophonierung. Die phantastische, tontechnische Brillanz der Aufnahmen und die makellose Abmischung des Albums sind Verdienste, die auf Mardins Konto gehen.

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